Die Weihnachtskrippe hat ihre Wurzeln in Italien und in Süditalien ist sie noch heute der unumstrittene Mittelpunkt im Weihnachtsgeschehen.
Weihnachten in Süditalien - die Krippe im Zentrum
In der Vorweihnachtszeit bekomme ich Besuch aus Apulien. Wir wandern durch ein graues, kaltes Berlin, in dem nur die Weihnachtsmärkte durch ihr warmes Licht eine gewisse Anziehungskraft ausstrahlen.
Als wir über den Weihnachtsmarkt am Neptunbrunnen gehen, ruft mein Besuch erstaunt aus: "E già nato !??" ( "Es ist schon geboren !??" )
Wir haben eine Krippe entdeckt. Für mich sieht sie aus wie jede andere Krippe: das Jesuskind, Maria und Josef im Stall und nicht weit davon entfernt Esel und Kuh. Mein Gast ist aber irritiert. "Wieso ist das Kind schon geboren? Es ist doch noch nicht Weihnachten?" Und außerdem: "Warum sind der Esel und die Kuh außerhalb des Stalls? Die müssen doch im Stall sein, weil der Atem der Tiere das Kind wärmt."
So hab ich das noch nie gesehen oder gehört und irgendwie geht mir bei dem Gedanken das Herz auf. Deshalb bin ich ein bißchen in Erklärungsnot. "Vielleicht ein Versehen..." murmele ich etwas verlegen. Obwohl ich nicht besonders gläubig bin, zögere ich zu sagen: "Bei uns ist Weihnachten eigentlich nur ein Konsumfest. Mit der Weihnachtsgeschichte nimmt das hier niemand so genau."
An den folgenden Tagen kommen wir noch an einigen Krippen vorbei und es ist immer dasselbe: Jesus ist schon geboren. Die Tiere stehen meist außerhalb des Stalls.
Am zweiten Advent besuchen wir die Zionskirche. Nicht um an einer Messe teilzunehmen, sondern weil man vom Turm aus einen schönen Ausblick über Berlin hat. Mich interessiert, ob es hier eine Krippe gibt und ob das Jesuskind schon darin liegt. Die Kirche gleicht einer Baustelle. Überall bröckelt der Putz von den Wänden, aber es gibt eine Krippe.
Und das Jesuskind ist noch nicht geboren. Na also, denke ich, wenigstens hier wird Weihnachten getreu der Geschichte inszeniert. "Aber wo sind Maria und Josef?" fragt mein Gast. Nicht nur das Kind fehlt in der Krippe, auch Maria und Josef fehlen. Vielleicht sind sie noch auf der Reise oder auf der Flucht, denke ich. Mein Besuch ist wieder irritiert.
Im Vorraum der Kirche gibt es Kaffee, Tee und Kuchen gegen eine Spende und hier kommen wir mit einer freundlichen Frau ins Gespräch, die zufälliger Weise auch noch sehr gut italienisch spricht. Ich frage sie, ob sie meinem Gast erklären kann, warum Maria und Josef nicht in der Krippe sind. Sie meint, Maria sei in der protestantischen Weihnachtsgeschichte nur eine Nebenfigur. Außerdem erklärt sie uns, warum die Kirche von innen vergleichsweise minimalistisch sei. "Die Protestanten haben es nicht so mit den Bildern, mehr mit der Musik. Deshalb gibt es auch so viele Konzerte in den protestantischen Kirchen."
Beim Verlassen der Kirche meint mein Gast, die minimalistische Kirche habe ihm gefallen. Er werde konvertieren. Ich antworte scherzhaft: "Bitte nicht. Dann werden dir deine Sünden auf Erden nicht vergeben. Da bleibt nur harte Arbeit, um ins Paradies zu gelangen. " Später höre ich ihn leise sagen: "Und die Tiere sind dann wohl wichtiger als Maria und und Josef. Maria eine Nebenfigur..."
In Apulien, erzählt er, gibt es in der Vorweihnachtszeit viele religiöse Veranstaltungen, Feste, Konzerte, Chöre für Kinder und Erwachsene, Theateraufführungen und Krippenspiele. Am Heiligen Abend selbst gibt es ein Frühgebet "Novena di Natale" und in der Mitternachtsmesse wird das Lied „Tu scendi dalle stelle“ („Von den Sternen schwebst du hinab zu uns“) gesungen. Dabei wird die Figur des Christkindes in die Krippe gelegt.
Weihnachtskrippen in Süditalien
Einen Tag nach Weihnachten entdecke ich bei einem Bummel durch Mastricht in einem Schaufenster diese neapolitanische Krippe, bei der die beiden Ochsen ganz nah am Jesuskind stehen.
Pastorelli in Neapel
In Neapel nennt sich die Krippe "Pastorello". Die wichtigsten Figuren sind etwa 35 bis 40 cm, aus Holz und Ton gefertigt. Die Kleider werden in eigenen Manufakturen gewebt. Unzählige kleinere Figuren, die den Alltag der Neapolitaner darstellen, finden sich häufig im Hintergrund der sehr aufwendig gestalteten Krippen. Um eine perfekte traditionell neapolitanische Krippe zu bauen, sollten 6 Regeln beachtet werden:
1. Die wichtigste Person einer neapolitanischen Krippe ist nicht das Jesuskind, sondern der Hirtenjunge ( Pastorello ). Ohne den Hirtenjungen, der selig schläft, würde es die Krippe gar nicht geben, denn er ist es, der die Krippe zum Träumen bringt.
Wichtig sind auch der Winzer, Cicci Bacco (ein Vermächtnis der alten heidnischen Gottheit Bacchus), der Fischer, der an den heiligen Petrus ( Fischer der Seelen) erinnert; die beiden
Gefährten, die Karten spielen, Onkel Vicienzo und Onkel Pascale (Verkörperung von Laster und Tod), die Zigeunerin, die die Zukunft und die Passion Jesu voraussagt.
2. Das Szenarium sollte ländlich sein ( Höhlen, kleine Bäche und Weiden) oder eine Stadtansicht von Neapel zeigen.
3. Das Jesuskind. Seine Statuette wird am 24. Dezember um Mitternacht an ihren Platz gestellt. Die Heiligen Drei Könige stehen rechts neben der Höhle (im Osten) und etwas weiter entfernt, weil sie sich Jesus erst am 6. Januar nähern. Die Engel werden in Nähe die der Höhle und darüber positioniert. Die Hirten, die die Menschheit repräsentieren, und ihre Tiere um die Geburt herum.
4. Das Material: Normalerweise sind die Figuren aus Terrakotta teuer und leicht zerbrechlich. Aus diesem Grund können auch Figuren aus anderen Materialien benutzt werden.
5. Symbolik der Zahl Drei: Drei ist in der christlichen Kultur eine göttliche Zahl. Aus diesem Grund muss eine Krippe diese göttliche Symbolik respektieren und drei Räume oder Ebenen haben.
6. Feuer und Wasser: Die beiden Elemente Wasser (Bach, See, Brunnen) und Feuer (Ofen, für geröstete Kastanien) symbolisieren den Kampf des Guten gegen das Böse.
( so beschreibt es zumindest dieser ->Artikel in VesuvioLive )
Presepe in Apulien und Krippenspiele in Matera
In Apulien heißen die Krippen "Presepe", deren Figuren z.B. in Lecce aus Pappmaché gemacht werden. Krippenspiele sind in ganz Italien sehr beliebt. Eine der schönsten lebendigen Krippen soll es angeblich in Matera ( Basilicata) geben. Kein Wunder denn das 9000 Jahre alte Matera sieht aus wie eine riesige Krippe. Ab dem 7. Dezember kann man in Matera in eine der größten lebenden Krippen eintauchen, aber auch in die Traditionen der Basilikata, von der lokalen Weihnachtsspeise bis hin zu traditionellen Liedern, die vom Klang des Dudelsacks begleitet werden. In den Stadtvierteln von Sasso Barisano und Sasso Caveoso gibt es Theateraufführungen. In der Kathedrale der Stadt kann man die von Persio geschnitzte Krippe aus dem 16. Jahrhundert bewundern. Zu probieren gibt es Weihnachtskuchen mit Mandeln "u frsedd" und "ingjlppet", Weißweinkekse mit Zucker und Kartellat glasiert, Kuchen mit Honig oder gekochtem Wein.
mehr dazu auf dem Blog Basilicata: ->Vom Leben einer Weihnachtskrippe
Die wichtigsten weihnachtlichen Festtage:
6. Dezember: Tag des heiligen Nikolaus (San Nicola)
13. Dezember: Fest der ->Santa Lucia, der „Botin des Lichts“, die im Jahre 281 in Sizilien geboren wurde und ihr ganzes Vermögen den Armen vermachte. Die Süßspeise der Armen "Torrone dei poveri" erinnert an die Heilige.
24./25. Dezember: Weihnachtsfest
6. Januar: Epifania und im Volksglauben Tag der Befana, der guten Hexe.
Dem Volksglauben nach hat sich die Befana nicht schnell genug auf den Weg zur Krippe gemacht und den Stern verpasst. Auf der Suche nach dem Christkind irrt sie auf einem Besen reitend durch die Welt und hinterlässt für die artigen Kinder Süßigkeiten, für die unartigen schwarze Kohlestücke.
Diese schöne Krippe in Berlin habe ich 2019 in der Pizzeria Zia Maria in der Pappelallee entdeckt. Sie heißt "Die Flucht". Gemacht hat die Installation der Künstler Roberto Palmieri, der auch Besitzer von Zia Maria ist. Er stammt aus Neapel und seine Eltern sind aus Apulien.
Weihnachten 2020: Zoom Krippen
Der Nikolaus in Bari
Er ist der Schutzpatron der Schüler und Studenten, Pilger und Reisenden, der Liebenden, der Alten, der Ministranten, der Kinder, der Diebe, Gefängniswärter und Prostituierten. Bei uns ist er
bekannt als -> der Nikolaus. Wie er nach Bari kam und warum er gleich zweimal im Jahr gefeiert wird.