Geschichte der Trulli

 

Blauer Himmel, weißgetünchte kleine, runde Häuschen mit spitzen grauen Dächern, drumherum Gärten mit Feigen, Mandel und Olivenbäume. Die Trulli sind in Apulien zum Sinnbild für ein einfaches Leben in enger Symbiose mit der Natur geworden.

 

Trullo bei Polignano
Trullo bei Polignano

 

Ein Trullo ( Mehrzahl: Trulli ) ist ein Rundhaus aus Trockenmauerwerk mit einem Kegeldach, auf dessen Spitze bisweilen ein symbolischer Schlussstein thront: ein Zippus, eine Kugel oder ein Symbol, das das Böse abhalten soll. Weil es sie nur in Apulien gibt sind Trulli so etwas wie ein inoffizielles Wahrzeichen Apulien geworden. Miniaturnachbildungen gibt es in jedem Souvenirladen zu kaufen. Die ältesten Trulli stehen an der Costa Ripagnola in der Nähe von Polignano und stammen au dem 14. Jahrhundert.

 

Ursprünglich diente ein Trullo vor allem als Stall und Geräteschuppen. Aber auch Bauern und Landarbeiter suchten in ihnen Zuflucht vor Wind und Hitze. Um das Land urbar zu machen, mussten erst tausende Steine vom Boden entfernt werden. Diese wurden ohne Mörtel übereinander gestapelt und so entstanden die vielen Mäuerchen und Trulli in den ländliche Regionen Apuliens. Im Laufe der Zeit hat der Trullo eine unendliche Vielfalt an Formen entwickelt und sich mit anderen Baustilen vermischt. Trulli sind haben sich als ökologische, leicht zu bauende, wirtschaftliche und flexible Struktur erwiesen, die in jeder Region Apuliens Besonderheiten aufweist.

 

Entwicklung und Besonderheiten der Trulli

 

In der Murgia waren Trulli eng mit dem Weinbau verbunden, sowie mit der Funktion des Mühlsteins und den damit verbundenen Werkzeugen und Geräten (Bottiche, Pressen, Zisternen usw.) Der in Maruggio vorherrschende Stil oft mit Kuppel- oder Flachdach im Gegensatz zu den Spitzdächern in der Gegend von Alberobello wird auch 'Pagghiara' genannt. Eine fast verschwundene Bauart in der dieser Gegend sah ein mit Gras bewachsenes Dach vor.

 

Erst ab Ende des 19. Jahrhunderts und nur im Itria-Tal zwischen Martina Franca, Alberobello, Locorodotndo, Cisternino und Ostuni entwickelte sich der Trullo zum festen Wohnsitz der bäuerlichen Familie, die sich in einer sogenannten Contrade zusammenschloss.

Manchmal gab nur eine Kochnische und Schlafkammer, nur einen Eingang und keine Fenster. Die Bauern führten in den Trulli ein einfaches Leben in enger Symbiose mit der Natur.

 

Die Trulli standen in der Regel einzeln, aber manchmal gab es auch stark gegliederte Komplexe. Manchmal der Trulli mit angeschlossenen Viehställen, Lagerhallen ect ein Ensemble, das von einem kleinen Bauernhaus nicht zu unterscheiden war. Es gabt Zwillings- oder Dreifach-Trulli, die durch Rundbögen miteinander verbunden waren oder mehrere Trulli, die sich um einen Innenhof herum gruppierten. Der Trullo wurde immer als ein Bauwerk betrachtet, das mit dem Land verbunden ist, sodass er nie als architektonische Lösung in der Stadt oder im Dorf verwendet wurde, mit der einzigen, sehr wichtigen Ausnahme von Alberobello, das von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt wurde.

 

Trullo im Itriatal
Trullo im Itriatal

Sonderfall Alberobello

 

In Alberobello ordnete der Graf von Aquaviva an, alle Häuser nur in der Trockenbauweise der Trulli zu errichten. Diese Häuser waren schneller zu errichten und schneller wieder zu zerstören. Er verfolgte damit zwei Ziele. Die Bauern konnten schneller wieder vertrieben werden und er selber sparte Steuern. Ein vom König von Neapel erlassenes Gesetz verbot den Bau von städtischen Siedlungen ohne die Genehmigung des Königs und belastete darüber hinaus bestehende feste Siedlungen mit hohen Steuern. Es gibt allerdings nur einen einzigen dokumentierten Fall, in dem eine Trulli-Siedlung aus steuerlichen Gründen aufgelöst wurde, und zwar im Jahr 1644.

 

Alberobello ist der einzige Ort an dem sich Trulli mit komplexerer Bauweise befinden. Zum Beispiel wurden die Dächer so gebaut, dass sie das kostbare Regenwasser auffingen. Die Häuser sind größer und haben mehrere Zimmer. Hier gibt es auch den einzigen zweistöckigen Trullo, Trullo Sovrano und die Trulli in Monti, die für ihre Zwillingsfassade berühmt sind. Auch eine Kirche in Trullo-Bauweise gibt es zu bestaunen, die Chiesa di Sant’Antonio. Die Kuppeln vieler Trulli sind mit verschiedenen Symbolen zur Abwehr des Bösen bemalt. Einige dieser Symbole gehen auf die Antike zurück, aber die meisten, die heute verwendet werden, sind christlich-religiöser Natur.

 

-> mehr zu Alberobello

 

Verfall und Wiederentdeckung

In den abgelegenen Gebieten sind viele Trulli verfallen und zum Teil wurden die Steine abgetragen, um sie für andere Zwecke zu verwenden. Das Verändern oder Abreißen eines Trullo ist heute aber verboten. In den letzten Jahren wurden viele Trulli unter strengen Auflagen ( Denkmalschutz) renoviert und mit dem Touristenboom sind sie zum Spekulationsobjekt von Immobilienmaklern geworden.

 

Es gab in jüngster Zeit Pläne, eine Ferienanlage inmitten der Trulli von Ripagnola zu bauen. Dagegen formierte sich eine spontane Bewegung von Bürgern, die sich pastori della costa nennt, (Hirten der Küste). Ein alternativer Tourismus ist möglich, wenn man es versteht, die globale Nachfrage mit der Notwendigkeit zu verbinden, den genius loci zu bewahren, den Aspekt der Identität, den die Touristen vielleicht am meisten schätzen. In dieser Reportage werden jene Küstenabschnitte nachgezeichnet, die der freien Nutzung entzogen und für immer denaturiert wurden.

 

-> Bildergalerie: mehrere hundert Bilder verfallener Trulli

 

 

 

Eine Reportage über die Costa Ripagnola in San Vito in Polignano a Mare. Können globaler Tourismus und lokale Bedürfnisse in Einklang gebracht werden?  Über die "Hirten der Küste" und einen Landwirt aus der Gegend von San Vito, der jetzt durch das Slow-Food-Siegel geschützt ist. ( italienisch)